Montag, 24. März 2014
oder wie eine Großfirma eine kleine Stadt in Hessen (und Behörden?) nach ihrer Pfeife tanzen lässt.
Dieser blog wiederholt nicht die Argumente, die bereits von der Bürgerinitiative Bebauung Dieburger Dreieck behandelt wurden bis auf einige Beiträge die ich übernommen habe, da sie in den Zusammenhang gehörten. (wer die Bürgerinitiative noch nicht kennt, findet sie unter www.bibdd.de).

Kommentare und Beiträge sind willkommen. Solche mit Angriffen auf welche Person(en) auch immer, werden umgehend gelöscht.
Dies gilt auch für unsachliche und nicht zum Thema gehörende Beiträge.

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1 – den Kleinen zeigen wir mal, was wir von ihnen halten
Originalton Seniorchef H. Fiege: „Ich bin Landwirt und Spediteur...“ Das soll man sich dann wohl so vorstellen:



Wenn das kein understatement vom Seniorchef einer Firma ist, die (in 2012) 11.000 Mitarbeiter hatte und 1,5 Milliarden Euro Umsatz machte.

Mehr Schleim:

„Wir wollen Dieburger werden...“
„Wir wollen in Dieburg Wurzeln schlagen...“ (auf 16.500 Quadratmetern Beton ein bisschen schwierig).
In Otzberg, Eppertshausen, Breuberg etc. hat es mit den Wurzeln schon mal nicht so geklappt, die sind schon etwas verdorrt..
Sind diese Äußerungen keinem der Stadtparlamentarier sauer aufgestoßen?
Hat da keiner im Stadtparlament die Herablassung gefühlt, die dahinter steckt?

Die arme geplagte Firma Fiege:
„...die sich verwundert zeigte über die Art und Weise des Widerstands gegen das Projekt...Eine BI, die ein solches Projekt von vornherein komplett ablehnt, haben wir bisher noch nicht gehabt.“
Hat da mal jemand nachgefragt, wie viele Projekte die Firma mit den hier vorliegenden Parametern durchgeführt hat?
auf 16.500 Quadratmetern Grund, auf der grünen Wiese in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten und mit völlig ungeklärten Problemen, die von Naturschutz über Entwässerung, Brandschutz, Verkehrsanbindung und vielen mehr reichen.

Großzügig, wie Fiege nun mal ist, hat sie Ende November 2013 die Stadtverordneten, die BIBDD und die Presse zu einer Besichtigung eines Fiege Standorts in Worms eingeladen. Eine offensichtliche PR Aktion, da das Lager in Worms nichts, aber auch gar nichts mit dem geplanten Objekt in Dieburg gemeinsam hat. Die Presse hat den Braten offensichtlich gerochen und ist dem Besuch ferngeblieben.

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2– es grünt so grün... (na ja, bei den Grünen anscheinend nicht so sehr)
Es fing schon im August 2013 an, als der Investor „vorrechnete“, dass durch das neue Lager „der Lastverkehr in der Region sogar abnehme „ (zitiert aus Darmstädter Echo, 12. 8. 2013, S17). Ich hätte gern mal gesehen, was der da rechnete.

Hier wird sich schon mal schnell das grüne Mäntelchen umgehängt (die Grünen sind ja auch im Stadtparlament vertreten). Offensichtlich hat aber niemand genauer hingesehen (das werden wir noch öfter sehen).

Die Anzahl auszuliefernder Reifen und die geografische Lage der Kunden bleibt ja mindestens konstant.
Ein Beispiel:
Das Lager Lengfeld liefert nach Süden und Norden. Ein Lager in Dieburg ebenfalls. Dann verlängern sich die Wege nach Süden von Dieburg, aber verkürzen sich nach Norden. Ein Nullsummenspiel.
Es gibt auch die Aussage eines Kommunalpolitikers, der die Fiege Marketing Aussage (s. o.) 1:1 übernimmt:
„viel mehr Verkehr erwarte man nicht,...weil die..Reifen auch jetzt schon durch die Region transportiert werden“. Bravo! Ein Mann, der in größeren Dimensionen denkt und sich um die Region Gedanken macht. Ein Lager in Dieburg statt mehrerer Lager in der Region heißt:
der ganze Verkehr von und zu diesen Lagern ballt sich dann in Dieburg.
Ein gewählter Vertreter der Bürgerschaft, den die Region mehr interessiert als seine Stadt und die Bürger, die ihn gewählt haben..

Der grüne Mantel wird größer:
Mehrmals wurde von Fiege betont, dass die Firma einen Öko-Preis bekommen habe.
Das war im 1996, vor 18 Jahren. Inzwischen haben sowohl die Firmen-Verantwortlichen als auch Naturschutzvorgaben Änderungen erfahren.

Aus einer Stellungnahme des Kreisverbands Darmstadt-Dieburg der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (nachzulesen auf der Webseite der BIBDD):
„Die Inanspruchnahme von 16,6 Hektar überwiegend landwirtschaftlich genutzter Fläche durch ein gigantisches Bauwerk mit 560 mal 150 mal 17 Meter Umfang ist ein nicht ausgleichbarer Eingriff in Natur und Landschaft“, schreibt der Verband. Das Vorhaben führe zur Totalversiegelung einer Fläche von bis 13 Hektar Fläche. Dazu würden geschützte Biotope beseitigt, die natürliche Aue des Banngrabens zerstört, Flächen des Regionalen Grünzugs beansprucht und Vorranggebiete für die Landwirtschaft verkleinert. „Nicht verkraften“ können außerdem nach Auffassung der Schutzgemeinschaft das vorhandene Straßennetz und der Raum eine zusätzliche Verkehrsbelastung durch täglich 240 und bis 330 Lkw-Bewegungen in Spitzenzeiten.
Für den Verband könne „eine solche Raumbelastung und -beanspruchung“ nur im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gelöst werden. Die fachlichen Anforderungen würden die Kompetenzen eines örtlichen Planungsträgers und eines Bauleitplanverfahrens bei Weitem übersteigen.“


Ach ja, auch die Stadtparlamentarier haben einen grünen Beitrag geleistet:
Die von Fiege anzupflanzenden Bäume müssen jetzt einen Stammdurchmesser von 20cm und nicht mehr nur 10cm haben. WOW!!! Bravo!!! Alles gerettet.
Merkt da keiner wie sie sich lächerlich machen?

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3 – Behörden und Sonstige
Am 24. September 2013 gab es keinen Bebauungsplan, keinen Flächennutzungsplan, vielleicht nicht einmal einen Kaufvertrag für das Gelände und ganz sicher keine Baugenehmigung.

Es wurde jedoch an diesem Tag ein Mann beobachtet, der damit beschäftigt war, die auf dem Gelände vorhandenen Zauneidechsen, eine europarechtlich streng geschützte Art, umzusiedeln.
Was hat die Untere Naturschutzbehörde dazu gebracht einer Umsiedlung zuzustimmen?
Was ist die rechtliche Grundlage?
Natürlich gibt es ein Problem: die Tiere erwachen im März/April aus dem Winterschlaf. Dann darf man aber keine Bäume mehr fällen. Das verschiebt den Baubeginn. Das tut Fiege weh, das wollen wir nicht.
Also: 'wir richten uns nach Fiege'

Kürzlich sind in Münster Pappeln gefällt worden, in denen einige („..recht seltene....“, merke: nicht „EU weit geschützte“) Saatkrähen nisteten. Diese sind inzwischen in Pappeln auf der anderen Straßenseite umgezogen. Laut Darmstädter Echo „kündigt der Kreis an: “die Untere Naturschutzbehörde werde die Kolonie weiter beobachten und der Gemeinde Münster möglicherweise auftragen, den Fortbestand der Kolonie nachzuweisen, also zu dokumentieren.'“
Erstaunlich. Für Eidechsen gilt eine solche Fürsorge wohl nicht. Ist ja auch nur Kriechzeug, das
man nicht sieht.

Am 2. 9. 2013 fand eine Sitzung des Dieburger Ausschusses für Umwelt, Energie und Verkehr statt.
Eingeladen war auch ein Vertreter von Hessen Mobil. Zu der Frage, wie das Logistikintensiver an die öffentlichen Straßen angeschlossen werden kann/soll hatte er folgendes zu sagen: „ Wer zuerst kommt mahlt zuerst. Wir richten uns nach Fiege“ (s. Sitzungsbericht). Eine ungeheure Aussage, zu der von den Ausschussmitgliedern keine Reaktion im Bericht verzeichnet ist.
'Wer zuerst kommt...'. Waren und sind das nicht die Tausende von Bürgern, die täglich die B26 und K128 befahren?
Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass nur noch der mit den Euros zählt.
Was bringt den Vertreter eines Landesbehörde dazu, eine solche Aussage zu machen?

Irgendeine Reaktion der anwesenden Stadtverordneten ist im Sitzungsprotokoll nicht verzeichnet.

Und wo blieb die Reaktion der regionalen Presse? Kritischer Journalismus scheint nicht ihre Stärke zu sein.

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4 – Anzahl der Mitarbeiter
Die Zahl von 520 Arbeitsstellen wird von allen Parteien immer wieder hervorgehoben.
Laut Verkehrsgutachten: „...kann bei Betrieben der Branche Transport und Logistik mit [sic] Mittel von 1 Beschäftigtem pro 150 bis 200 qm BGF ausgegangen werden. Rechnerisch ergibt sich dadurch eine Mitarbeiteranzahl zwischen 445 und 593 Beschäftigten. Die vom Investor angegebene Mitarbeiterzahl liegt mit 520 Mitarbeitern im Mittel dieser Spannbreite“, und zar exakt in der Mitte.
Dies kann bedeuten:
entweder hat Fiege keine Ahnung, wie viel Beschäftigte wirklich gebraucht werden, obwohl ein Unternehmen mit 200 Standorten doch wohl in der Lage sein sollte, hier eine präzisere Angabe zu machen
oder Fiege weiß, dass es weniger sein werden, will das aber aus offensichtlichen Gründen nicht publizieren

Es ist zu lesen, dass Fiege nur 70-80% der Gesamtfläche selbst nutzen wird. Umgerechnet ergeben sich ddfür dann nur noch 364 bzw. 416 Mitarbeiter. Da Fiege nicht weiß, wer die anderen Firmen sein werden, kann eine Aussage über die Anzahle der Mitarbeiter nicht gemacht werden.

Es kursieren auch immer wieder Berichte, dass vom Lager Lechfeld 120 Mitarbeiter nach Dieburg versetzt werden sollen.

Im schlimmsten Fall bleiben also für Dieburg 244 Arbeitsplätze übrig. Das ist sicher eine gute Nachricht für die zukünftigen Beschäftigten, aber 520 Mitarbeiter zu nennen ist reine Augenwischerei.

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5 – Gutachter, ihre Zahlen und Bewertungen
Arbeiten (und werden bezahlt) von Fiege. (Wer die Musik bezahlt...?)
Haben ihren Firmensitz 200 bis 250 Kilometer nördlich von Dieburg in Nordrhein-Westfalen, nicht weit weg von Fiege

Bleibt da ein 'Geschmäckle?

Die Entfernung vom Ort des Geschehens führt dann unter anderem dazu, dass das Verkehrsgutachten eine Bochumer Straße in Dieburg vermutet, die es dort nicht gibt und dass andere Gutachten Karten enthalten, die das Münsterland in NRW zeigen. Na gut, Fehler kommen mal vor, es kann aber auch sein,dass hier nicht die notwendige Sorgfalt aufgewendet wurde (ist ja sowieso schon alles in der Tasche).

Zum Thema Verkehrsgutachten

99 Seiten einschließlich der Anhänge. Es fehlen in der veröffentlichten Fassung allerdings die Anhänge 1, 2 und 5. Gibt es da was zu verbergen?

Das alles gespickt mit Zahlen sowie Abkürzungen, Kennwerten etc., die nirgends erklärt sind. Vielleicht in einem der Anhänge?

Weiß jemand, der kein Experte in Verkehrsanalysen ist (und ich nehme mal an, davon finden sich nicht viele im Stadtparlament), was die folgenden Kennwerte bedeuten?

tf [s]
f
ts [s]
q [Fz/h]
m[Fz]
und so weiter und so weiter.
Ist das den Stadtverordneten erläutert worden oder haben diese einfach geglaubt, was der Gutachter ihnen als Ergebnis vorgetragen hat?

Die Karten zum Prognose-Planfall (Morgen- und Abend-Spitzenstunde) zeigen, dass 85 bis 90% der Beschäftigten aus Richtung B26 kommen oder dorthin fahren. Nur der verbleibende geringe Rest nimmt die K128 Richtung Dieburg. Merkwürdig, wo doch Dieburg der Haupt-Nutznießer der Arbeitsplätze sein soll. Die Zahlen zur Morgenspitze:
von Fiege fahren: 25 Pkw Richtung B26, 3 Pkw Richtung Dieburg
zu Fiege fahren: 64 Pkw aus Richtung B26, 12 Pkw aus Richtung Dieburg

Betrachten wir mal die Verkehrsströme, welche an der Werksausfahrt/K128 laut Verkehrsgutachten auftreten (Planfall Morgenspitze, in Fahrzeugen pro Stunde):
von B26 geradeaus auf K128: 419
von B26 zum Gelände rechtsabbiegend: 64
LKWs von B26 rechtsabbiegend: 24
Gesamt: 507, oder alle 7 Sekunden ein Fahrzeug.

Alle diese Fahrzeuge müssen übrigens hintereinander fahren, da die K128 nur eine Fahrspur pro Richtung aufweist. Das sieht doch sehr nach einem hübschen Rückstau auf die B26 aus.
Ein Lkw, der rechts abbiegt, fährt sicher nicht mit 70 km/h und verlangsamt daher allen folgenden Verkehr. Er ist außerdem ca. 4 mal länger als ein Pkw und reduziert damit die zur Verfügung stehende Straßenlänge.

Weiter im Text:
LKWs, die vom Gelände kommen, dürfen nach Aussage des Bürgermeisters die K128 in Richtung Polizeikreisel nicht befahren. Das heißt, alle müssen nach links abbiegen. Vorfahrt haben hier der Verkehr in beiden Richtungen auf der K128 und die aus Richtung Dieburg kommenden Fahrzeuge, die nach links auf das Gelände fahren wollen und die ihrerseits den Gegenverkehr Richtung Dieburg abwarten müssen. Die Gesamtzahl dieser Fahrzeuge beläuft sich auf 679 pro Stunde, oder ein Fahrzeug alle 5 Sekunden (vorausgesetzt, der im obigen Absatz behandelte Verkehr läuft flüssig).

Ein Lkw Fahrer hat also im günstigsten Fall 5 Sekunden Zeit, seinen 16 Meter langen Zug zu beschleunigen, um in einer Kurve auf die K128 zu fahren, damit die K128 wieder für alle Verkehrsteilnehmer befahrbar ist.

Ist da schon eine Verkehrsampel-Anlage in Planung?

Die Verkehrsgutachter haben dem Knotenpunkt in allen Richtungen die Note „A“ gegeben. Die bedeutet eine Wartezeit in allen Richtungen von maximal 10 Sekunden. Das hätte ich gerne mal von ihnen vorgerechnet.

Ein LKW beansprucht die Straße wie mindestens 10.000 Pkw (für Wolters & Partner: siehe ZEIT online, 28. 7. 2011). Wie lange hält das die K128 zwischen Werksausfahrt und B26 durch? Ach, ich vergaß, das ist eine Kreisstraße, kann Dieburg also egal sein. Und B26 oder B45?

Vor meinem inneren Auge läuft gerade die Wolters und Partner Standardantwort ab: „...wurden nach dem einzig zulässigen … Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) berechnet. Die Bedenken werden zurückgewiesen. Die Anregungen werden nicht berücksichtigt“.

Liebe Wolters & Partner, lasst uns doch bitte mal wissen, wo in diesem Handbuch ein Problem des Verkehrsflusses, wie oben beschrieben, behandelt wird.

Hinzu kommt, dass meiner Meinung nach das Verkehrsaufkommen zu niedrig angesetzt ist:
Angeblich wird Fiege 70-80% des Lagerraums für sich benutzen, die restlichen 20-30% sollen an
andere Firmen vergeben werden. Das Verkehrsaufkommen hierfür ist im Gutachten nicht enthalten.

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6 – last but not least: das Stadtparlament
einstimmig, einstimmig, einstimmig etc., etc., etc., und wo es nicht einstimmig ist: 80 oder 90% .

Hört sich an wie das Ergebnis von Beschlussfassungen in der DDR, der Sowjetunion, China oder ähnlichen Regierungsformen, ist aber das Ergebnis aller veröffentlichten Abstimmungen in den Ausschuss- und Stadtverordneten-Sitzungen.

Nicht ein einziger der Stadtverordneten, mit Ausnahme von zwei Grünen, die zum Schluss abgesprungen sind, hatte wesentliche Einwendungen gegen dieses Monsterprojekt mit seinen Problemen in einer ganzen Reihe von Bereichen.
Im Gegenteil, es wurden zum Teil Argumente von Fiege und Gutachtern völlig unreflektiert übernommen.

Und ganz zum Schluss sind die erwarteten Gewerbesteuereinnahmen laut Aussagen eines Stadtparlamentariers nur noch eine Hoffnung und keine Gewissheit mehr.

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